Wie schädlich sind Spanplatten wegen Formaldehyd ?

Der Leim in Spanplatten enthält meistens Formaldehyd:

Formaldehyd ist in Spanplatten (als Ausbauplatte oder in vielen Möbeln) immer noch enthalten. Bis zu 30 % Harnstoff – Formaldehydharz – Leim (UF-Leim) ist keine Seltenheit. Dieser schädliche Leim klebt die feinen Späne fest zusammen.

Bei Möbeln kommt dieses Gas meistens nur über die unbeschichteten schmalen Kanten heraus. Auch die Bohrlöcher in denen man z.B. die Regalböden von Schränken befestigt sind solche Schwachstellen.

Wie lange dünstet Formaldehyd aus ?

Die häufige Behauptung, dass aus alten Spanplatten und Möbeln kein Formaldehyd mehr entweichen würde, ist falsch. Durch chemische Reaktionen mit der Raumluftfeuchtigkeit entweicht krebserregendes Formaldehyd über die gesamte Lebensdauer der Platte. Es ist ein Wohngift, welches man insbesondere in älteren Fertighäusern in bedenklichen Konzentrationen findet.

Aber auch bei Wohnraumuntersuchungen und Schlafplatzuntersuchungen in modernen, abgedichteten Gebäuden findet der Baubiologe häufig verschiedene Aldehyde, wenn Span- oder OSB-Platten, sowie Spanplatten-Möbel in größerem Umfang vorhanden sind.

Ebenso falsch ist die Annahme, die „modernen“ E1 – Platten seien Formaldehyd – frei und somit unbedenklich.

Dagegen geben Spanplatten mit Melamin – Formaldehyd – Harzen (MF-Leime) oder Phenol – Formaldehyd – Harzen (PF-Leime) weniger Formaldehyd ab. Aber auch sie sollten nicht übermäßig verwendet werden.

 

Formaldehyd in Spanplatten: Schublade eines Schrankes

Formaldehyd gast aus offenen Möbelkanten aus (Bild: Hausdiagnose Linsengericht)

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Empfehlung für „wohngesunde“ Spanplatten ohne Formaldehyd:

Empfehlenswert sind „E0-Platten“. Sie sind z.B. mit formaldehydfreien Harzen, Zement oder Magnesit verleimt. Diese sind gesundheitlich unbedenklich.

Solche E0-Spanplatten in denen isocyanathaltige Harze vorkommen, sollten nur im Freien und mit Staubschutzmaske gesägt, geschliffen oder bearbeitet werden. Sind sie eingebaut, entweicht dieses Gas erfahrungsgemäß nicht mehr.

Gesundheitliche Auswirkungen von Formaldehyd:

Eine zu hohe Formaldehyd – Konzentration in Innenräumen führt oft zu gesundheitlichen Beschwerden:

  • Allergien
  • Kopfschmerz
  • Schleimhautreizungen
  • Nasenjucken
  • Augenjucken
  • Husten
  • Haarausfall
  • Konzentrations- und Gedächtnisstörung

Risikogruppen im Hinblick auf Formaldehyd sind vor allem

  • Asthmatiker
  • chronisch lungenkranke Personen
  • Personen mit chronischer Hauterkrankung
  • immungeschwächte Menschen
  • Schwangere und Kleinkinder

Seit 2004 ist Formaldehyd von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „krebserzeugend“ eingestuft. Weiterhin ist es Seit 2015 von der EU als krebserregender Stoff in der Kategorie 1B eingestuft. Es ist im Tierversuch nachweislich krebserregend. Dieses ist auch beim Menschen zu erwarten.

Praxisfremde Prüfbedingungen für Formaldehyd in Spanplatten:

Nach der derzeit noch gültigen Prüfnorm EN 717-1 für Holzwerkstoffplatten  füllen die Fachleute eine kleine Prüfkammer mit einer definierten Menge Spanplatten. Nach einer Zeit misst man, wie viel aus der Spanplatte in die Prüfkammer ausgegast ist.

Die dabei verwendeten Prüfparameter  für Formaldehyd sind aus heutiger Sicht nicht mehr praxistauglich. Sie entsprechen nicht mehr den „üblichen Wohnbedingungen“:

  • Offene Plattenkanten werden abgeklebt
  • Temperatur 23 °C
  • Relative Luftfeuchte 45 %
  • Beladung einer 1 m³ großen Prüfkammer mit 1 m² Spanplattenoberfläche (also ohne offene Kanten)
  • Es erfolgt ein einmaliger Luftaustausch der Prüfkammer pro Stunde (= Luftwechselrate 1,0)

 

Beispiele für maximal zulässige Ausgasung von Holzwerkstoffen im Prüfkammerversuch

(=Richt- und Orientierungswerte, Quellen-Stand 12/18, EGGBI):

Siegel/Label:                                                          zulässige Ausgasung:

Natureplus                                                                      24-36 µg/m³

Eco-Institut                                                                    24-36 µg/m³

Eurofins Indor Air Comfort Gold                                 10 µg/m³

Französische VOC-Verordnung        Klasse A+          10 µg/m³                 Klasse A          60 µg/m³

Blauer Engel                                         bis 2016             60 µg/m³                 ab 2016           80 µg/m³

Spanplatten-Emmissionsklasse         E1                     <120 µg/m³              E1+                 <80 µg/m³

Grenzwert in Russland seit 2014                                  ca. 12,5 µg/m³ (Quelle Dr. Mierau)

Grenzwert in Japan nach F****                                    ca. 40-50 µg/m³ (Quelle Dr. Mierau)

 

Hieraus ist ersichtlich dass,

  • die bei uns üblichen E1-Spanplatten immer noch zu viel Formaldehyd abgeben
  • die Zulassungskriterien des „Blauen Engel“ seit 2016 sogar schlechter geworden sind
  • in anderen Ländern sehr viel strengere Richtwerte gelten
  • es offensichtlich möglich ist, Spanplatten und andere Holzwerkstoffplatten mit geringerer Formaldehydabgabe herzustellen. Hierfür fehlt offensichtlich nur der Wille der Beteiligten.

 

Neue Prüfnorm DIN EN 16516 in Aussicht:

Damit unter praxisnäheren Bedingungen der Richtwert von maximal 100 µg/m³ Formaldehyd in der Innenraumluft eingehalten wird (Umweltbundesamt), gilt voraussichtlich ab 2020 die neue Prüfnorm DIN EN 16516 für Holzwerkstoffe. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass unsere modernen Gebäude immer dichter werden und somit ein schlechterer Luftaustausch mit der Außenluft gegeben ist.

Die Einführung eines „Beladungsfaktors“ von maximal 1,8 soll die alltagsübliche Bekleidung mit Span- oder OSB-Platten von Wänden, Decken und Böden in „modernen“ Häusern widerspiegeln.

Die neue Prüfnorm zeigt, dass es nach der bisherigen Prüfmethode zu einer deutlichen Überschreitung der Chemikalien-Verbotsverordnung kommt. Dort sind maximal 125 µg/m³ Formaldehyd gestattet.

Prüfparameter nach DIN EN 16516

  • Offene Plattenkanten werden abgeklebt, ansonsten unbeschichtet
  • Größe der Prüfkammer 30 m³
  • Temperatur 23 °C
  • Relative Luftfeuchte 50 %

Beladungsfaktoren bzgl. Formaldehyd für eine praxisgerechte Anwendung:

  • 0,4 für Bekleidung von Boden oder Decke
  • 1,0 nur für bekleidete Wände
  • 1,4 für bekleidete Wände plus Boden oder Decke
  • 1,8 für Bekleidung von Wänden, Boden und Decke.

Möbel aus Spanplatten werden hierbei jedoch nicht berücksichtigt.

  • Es erfolgt alle 2 Stunden ein einmaliger Luftaustausch der Prüfkammer (= Luftwechselrate 0,5 ). Dies entspricht dem hygienisch notwendigen Mindestluftwechsel.

Das Umweltbundesamt hat festgestellt, dass Spanplatten der Formaldehydklasse E1, die nach derzeit noch gültiger Norm EN 717-1 geprüft wurden, bei großflächigem Einbau den Innenraumrichtwert von 100 µg/m³ überschreiten können.

Prüfergebnisse aus der EN 717-1 sind mit dem Faktor 2 zu multiplizieren, damit sie der zukünftigen DIN EN 16516 entsprechen.

Bisherige Spanplatten halten die neuen strengeren Grenzwerte dadurch vielfach nicht mehr ein.

Kennzeichnung von Span-, OSB- und anderen Holzwerkstoffplatten im Hinblick auf Formaldehyd:

E0:

formaldehydfreie Kleber wurden verwendet. Stattdessen verwenden die Hersteller oft isocyanathaltige Kleber, die i.d.R. aber nicht mehr ausgasen. Bearbeitung nur im Freien und mit Staubschutzmaske.

Weitere „Klebemittel“ sind z.B. andere Harze oder unbedenklicher Zement oder Magnesit.


E1+:

Die Fachwelt diskutiert seit 2012. Es entsteht maximal  0,065 ppm = 80 µg/m³ Formaldehyd in der Raumluft. Auch E1+ entspräche nicht den Anforderungen der meisten Gütesiegel


E1:

es entsteht maximal 0,1 ppm = 125 µg/m³ Formaldehyd in der Raumluft (je nach Fläche noch zu viel)


E2, E3:

es entsteht maximal 1,0 ppm = 1250 µg/m³  (bzw. 1,4 ppm = 1750 µg/m³) Formaldehyd in der Raumluft (keinesfalls verwenden)


In neuen Fertighäusern: weniger Formaldehyd, aber….

Nicht nur Spanplatten, sondern auch OSB-Platten (Grobspanplatten) sind manchmal bedenklich: In neueren Fertighäusern oder bei Holzständerbauweise entweichen aus diesen Werkstoffplatten teilweise kritische Substanzen. Hierbei wären insbesondere Ameisensäure und Essigsäure zu nennen. Diese Stoffe können ebenfalls zu Augen- und Schleimhautreizungen führen. Der Baubiologe kann durch eine Raumluftmessung diese Schadstoffbelastung im Haus messen. Je nach vorgefundener Konzentration kann er dann geeignete Reduzierungsmaßnahmen vorschlagen.

Fazit:

Formaldehyd war und ist immer noch giftig.