Geruchswahrnehmung allgemein
Geruch nimmt der Mensch in der Riechschleimhaut wahr. Die Geruchsmoleküle werden mit der Atemluft zu ihr transportiert. Auf einer Fläche von 5,5 cm² befinden sich mehrere Millionen Riechsinneszellen, die ca. alle 60 Tage erneuert werden. Der Mensch besitzt ca. 400 unterschiedliche Riech-Sinneszellen. Die Rezeptoren
für die Geruchsstoffmoleküle sitzen auf den Sinneshaaren der Riechzelle, welche in die wässrige Schleimschicht der Nasenschleimhaut hineinragen. Die Rezeptoren erkennen nun verschiedene Geruchsmoleküle. Am Rezeptor angekommen, löst ein Geruchsmolekül in der Zelle einen elektrischen Impuls aus.
Geruchsreize wirken als Signal für erhöhte Aufmerksamkeit. Daher können Gerüche Reize im menschlichen Organismus hervorrufen. Gerüche können also als „Alarmsignale“ fungieren, die dem Menschen auf entsprechende Reaktionsmuster vorbereiten. Sie lösen z. B. Stressreaktionen aus, die den Körper auf Kampf oder Flucht einstimmen.
Geruch: häufig eine Belästigung
Gerüche wirken aufgrund vieler Ursachen auf den Menschen ein. Besonders in Häusern, Wohnungen und anderen geschlossenen Räumen kann es zu Geruchsbelästigungen kommen. Vor allem nach Renovierungsarbeiten treten häufig komische Gerüche auf.
Allerdings gibt es bis heute keine einheitliche Definition, wann ein Geruch eine Belästigung darstellt. Im allgemeinen gelten sie als störend oder unerwünscht, wenn sie die betroffenen Personen reduzieren oder vermeiden möchten. Unangenehme Gerüche können das Wohlbefinden und die Lebensqualität erheblich stören.
Beispielsweise wird der Geruch nach Holz durch den leichtflüchtigen Stoff „alpha-Pinen“ verursacht. Er wird oftmals auch noch in sehr hohen Konzentrationen als angenehm empfunden und erfährt eine entsprechend positive Akzeptanz. Naphtalin hingegen verströmt typische Gerüche nach Teer oder Mottenkugeln. Dieser Stoff wird schon in sehr geringen Konzentrationen als störend empfunden.
Neben der Belästigungswirkung können so auch Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit, Appetitverlust, Konzentrationsschwäche und Benommenheit auftreten. Ein jeweiliger Zusammenhang zwischen Gerüchen und Gesundheitsbeschwerden wurde jedoch bislang nicht belegt. Allerdings konnten im Labor bereits Reaktionen durch Geruchsreize auf das Nervensystem nachgewiesen werden (Steinheider 1997).
Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass unterschiedliche Personen Stärke und Art der Gerüche oftmals sehr verschieden wahrnehmen. Eine Geruchsbelästigung kann also immer ein „individuelles Problem“ sein. Auch kommt es häufig zu einer Anpassung („Gewöhnungseffekt“) an Gerüche, die deren Empfindung reduzieren.
Auch die Geruchsschwellen -also die Wahrnehmbarkeit diverser Stoffe- sind äußerst unterschiedlich. Beispielsweise ist die Geruchsschwelle für den typischen Geruch in alten Fertighäusern sehr gering: Diese sogenannten „Chloranisole“ enstehen durch Zersetzungsprozesse mit Holzschutzmittel belasteter Bauteile durch Bakterien.
Beispiele für Gerüche
Im Geruchsleitfaden der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF) sind einige Beispiele für geruchsbildende Substanzen genannt (Auszug):
Trimethylamin (fischig riechend):
- z.B. Ausgasung aus feuchter Glaswolle
Nonenanl (fettig):
- kommt vor in fetten und Ölen
alpha-Pinen (riecht nach Holz, Kiefer):
- kommt vor in Holzprodukten, Duftstoff in Farben, Lacken und Putzmittel
Actealdehyd (fruchtig stechend riechend, nach Mirabellenbrand):
- Linoleum, trocknende Öle, Kunstharzbeschichtungen, Möbel
Essigsäure (essigartig):
- Silikonprodukte, Linoleum, OSB-Platten
Chloranisole (muffiger Geruch):
- Kork, altes Fertighaus
Paraffin (wachsartig):
- Pflegemittel, Versiegelungen, Kerzen, Öllampen
längerkettige Aldehyde (linoleumartig, leinölartig):
- Alkydharzlacke, Linoleum, trocknende Öle, Reaktionsprodukt verschiedenartiger Quellen mit Sauerstoff
PAK polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (Bahnschwellen, carbonileum):
- Teer- oder bitumanhaltige Parkettkleber und Anstriche, Teerpappen, Erdölprodukte, teerhaltiger Asphalt, Bahnschwellen
Naphthalin (riecht nach Mottenkugeln):
- Anti-Motten-Produkte, Zwischenprodukt bei Herstellung von Lösemitteln, Kunsstoffen, Azofarbstoffen
Styrol (stechend, polystyrolartig):
- Polystyrol, Kunststoffe, PU-Schäume
Ethylacetat (süßlich, lösungsmittelartig):
- Klebstoffe (auch für Bodenbeläge), Nagellackentferner, Verdünnung, Kunstharzbeschichtungen
Hilfe bei Geruch in Haus und Wohnung
Die Konzentration leichtflüchtiger – und oftmals stinkender Schadstoffe- kann der Baubiologe anhand von Raumluftuntersuchungen herausfinden. Je nachdem welchen Siedepunkt sie besitzen, gibt es unterschiedliche Verfahrensweisen um diese „Gase“ aus dem Haus zu entfernen, ohne dass Materialien ausgebaut werden müssen. Manchmal ist ein Ausbau der geruchsverursachenden Materialien jedoch leider nicht vermeidbar.
Muffige oder modrige Gerüche sind meistens die Folge von Schimmel – oder Bakterienwachstum. Hier sind zunächst Feuchtemessungen an oder hinter Bauteilen angezeigt. Findet man die Feuchtigkeit und beseitigt deren Ursache, verschwindet in der Regel auch der muffige Geruch.